(BASEL/BUKAREST) Ein neuer investigativer Bericht der rumänischen und Schweizer Umweltorganisationen Agent Green und Bruno Manser Fonds zeigt das Muster des zerstörerischen Holzeinschlags in den mit IKEA verbundenen Wäldern Rumäniens und die massiven Folgen für Natur und Klima auf. Die Recherche deckt mehr als 50 mutmassliche Gesetzesverstösse und schlechte Waldbewirtschaftungspraktiken in den neun untersuchten Waldgebieten auf. Zu den dokumentierten Problemen gehören die Abholzung von Waldgebieten mit grosser Artenvielfalt, der intensive Holzeinschlag in Schutzwäldern und sogar Naturwäldern («old-growth forests») ohne Umweltverträglichkeitsprüfung, sowie dutzende Traktorstrassen, die mehrere Meter tief sind und den Wald durchschneiden.
Von den neun untersuchten Waldgebieten gehören sieben dem mit IKEA verbundenen Unternehmen Ingka Investments. Zwei sind staatliche Wälder, die Fabriken beliefern, die für IKEA produzieren. Die meisten der besuchten Wälder überschneiden sich ganz oder teilweise mit EU-Schutzgebieten. Einige dieser Wälder waren vor der Übernahme durch Ingka streng geschützt oder wurden nur mit geringer Intensität abgeholzt. Jetzt werden sie alle maximal ausgebeutet, ohne Rücksicht auf die Natur. Nur 1,04 % des gesamten Ingka-Besitzes in Rumänien stehen unter strengem Schutz und 8,25 % unter teilweisem Schutz. Die EU-Biodiversitätsstrategie fordert hingegen den Schutz von mindestens 30% der Fläche, von denen 10% streng geschützt sein sollten. Ein wichtiges Ziel dabei ist der strenge Schutz aller verbleibenden Primär- und Naturwälder («old-growth forests») in der EU.
Auf der Pressekonferenz in Bukarest erklärte Gabriel Păun, Geschäftsführer von Agent Green: "IKEA/Ingka scheinen ihre Wälder wie landwirtschaftliche Kulturen zu bewirtschaften. Bäume alt werden zu lassen, gehört nicht zu ihrer Kultur. Die Abholzung ganzer Wälder in kurzer Zeit ist für IKEA, den Baumjäger, eine dringende Angelegenheit. Das Unternehmen missachtet sowohl die geschriebenen Gesetze als auch die ungeschriebenen Wege der Natur. IKEA hält sich nicht an das, was es predigt, egal ob es sich um die Naturrichtlinien der Europäischen Union, die rumänische Gesetzgebung oder den FSC-Zertifizierungsstandard handelt. Aber als Unternehmen mit einem Umsatz von mehreren Milliarden Euro und als Rumäniens grösster privater Waldbesitzer sollte IKEA / Ingka ein Best-Practice-Beispiel sein."
Ines Gavrilut, Osteuropa-Kampagnenverantwortliche beim Bruno Manser Fonds, fügte hinzu: "Es ist höchste Zeit, dass IKEA beginnt, seine erklärten Nachhaltigkeitsziele umzusetzen. IKEA könnte so viel Gutes tun, wenn es als Waldbesitzer, Verwalter und grosser Holzverbraucher in Rumänien und darüber hinaus ein Best-Practice-Beispiel bieten wollte. Der Bedarf könnte auch gedeckt werden, ohne auf zerstörerischen Holzeinschlag zurückzugreifen, ohne natürliche Wälder in Plantagen umzuwandeln - aber dazu müssen schwierige Fragen angegangen werden, wie der Kern des IKEA-Geschäftsmodells der "schnellen Möbel". Holzprodukte sollten nicht für den "schnellen Verzehr", sondern für eine jahrzehntelange Nutzung gemacht sein."
Agent Green und der Bruno Manser Fonds fordern IKEA und die Ingka-Gruppe auf, die Holzunternehmen in den eigenen Wäldern besser zu kontrollieren, kein Holz aus National- oder Naturparks zu beziehen, den Schutz wirksam zu verstärken und eine naturnahe Forstwirtschaft in den eigenen Wäldern zu betreiben, die vollständige Rückverfolgbarkeit und Transparenz der IKEA-Lieferkette zu gewährleisten und eine unabhängige Kontrolle der Wälder durch die Zivilgesellschaft und investigative Journalist:innen zu ermöglichen.
Im August 2021 veröffentlichte Agent Green seinen ersten Bericht, der die Zerstörung von IKEA-verbundenen Wäldern in Rumänien dokumentierte. Im Mai 2023 schickten Agent Green und der Bruno Manser Fonds einen offenen Brief an die Ingka-Gruppe und IKEA Schweiz. Zeitgleich startete der BMF eine Petition, in der IKEA aufgefordert wird, die Abholzung in Rumäniens Waldschutzgebieten und anderen Wäldern mit hohem Naturschutzwert zu stoppen.
Der neue ARTE-Dokumentarfilm «Wie Ikea den Planeten plündert» zeigt die wahren Kosten der IKEA-Möbel, der unkontrollierten Ausbeutung von Holz und menschlicher Arbeit.